Deutschland gilt als Land der Ingenieure und des Mittelstands – doch im globalen Innovationswettbewerb rutscht es seit Jahren ins Mittelfeld ab. Studien wie der Innovationsindikator 2023, der Global Innovation Index (GII) oder der DIHK-Innovationsreport machen deutlich: Unser Land bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Gleichzeitig brauchen Führungskräfte heute mehr als je zuvor praktische Orientierung: Wie können Unternehmen Innovation nutzen, um Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftssicherheit zu stärken?
Dieser Artikel liefert einen Überblick über den Status quo – und stellt mit dem Heidelberger Innovationsindex (H2I) erstmals ein Instrument vor, das Innovation nicht nur ökonomisch, sondern vor allem gesellschaftlich versteht.
1. Innovationsstärke im internationalen Vergleich
Der Innovationsindikator 2023 sieht Deutschland mit Platz 10 von 35 Volkswirtschaften im oberen Mittelfeld.
- Stärken: Nachhaltigkeit (Platz 3) und Produktionstechnologien (Platz 1) – klare industrielle Kompetenz.
- Schwächen: Digitalisierung und unternehmerische Dynamik – hier hinkt Deutschland hinterher.
Fazit: Deutschland bleibt stark in klassischen Domänen, doch in der digitalen Transformation klafft eine Lücke.
2. Global Innovation Index (GII)
Der GII 2023 listet Deutschland auf Rang 8 von 132 Nationen (vgl. Pressemitteilung des DPMA: dpma.de).
- Stärken: Patente, wissenschaftliche Publikationen, Markenwerte.
- Inputs schwächer als Outputs: Bei Investitionen und Infrastruktur rangiert Deutschland nur im oberen Mittelfeld – zugleich ist die Effizienz hoch (überdurchschnittlicher Output).
3. Innovationshemmnisse laut DIHK
Der DIHK-Innovationsreport 2023 zeigt deutliche Rückgänge in der Investitionsbereitschaft:
- Nur 34 % der Unternehmen wollen ihre Innovationsaktivitäten ausbauen (2020: 50 %).
- Fachkräftemangel (75 %) und Bürokratie (67 %) sind die größten Bremsen.
Handlungsauftrag für Führungskräfte: Bürokratie abbauen, Freiräume schaffen; Kooperationen mit Forschung und Start-ups ausbauen; Fachkräfte mit attraktiven Innovationsprojekten binden.
4. Regionale Unterschiede
Laut dem Innovationsatlas 2023 (IW Köln) erreichen zwei Drittel der deutschen Regionen nicht das Ziel, mindestens 2 % ihrer Wirtschaftsleistung in FuE zu investieren.
- Starke Zentren: Süddeutschland, ausgewählte Cluster in NRW.
- Schwächere Dynamik: ländliche Räume, Teile Ostdeutschlands.
Implikation: Regionale Faktoren aktiv in Strategie, Standortwahl und Kooperationen einbeziehen.
5. Der Heidelberger Innovationsindex (H2I): Ein neuer Ansatz
Globale Indizes wie der GII oder nationale Barometer liefern wertvolle Daten – doch sie messen vor allem ökonomische Größen. Was bislang fehlt: ein Instrument, das Innovation aus Sicht der Menschen erfasst. Hier setzt der vom Heydelberger Institut entwickelte Heidelberger Innovationsindex (H2I) an. Er wurde 2025 entwickelt und wird 2026 als eigenständiger Index veröffentlicht – und wird hier erstmals vorgestellt.
Die fünf Dimensionen des H2I
- Innovationsoffenheit – Bereitschaft, neue Ideen und Technologien anzunehmen (psychologisch fundiert, u. a. über Big-Five-Bezüge).
- Veränderungsbereitschaft – Flexibilität im Umgang mit Wandel; identifizierte Barrieren wie Bürokratie, Risikoaversion und Technologieängste.
- Technologieakzeptanz – Wahrnehmung und Abwägung von Chancen und Risiken neuer Technologien.
- Zukunftsvertrauen – Vertrauen in die eigene und kollektive Zukunfts- und Innovationsfähigkeit.
- Kulturelle Innovationsförderlichkeit – Werte, Normen und institutionelle Rahmenbedingungen, die Innovation begünstigen oder hemmen.
Was macht den H2I einzigartig? Er rückt die Gesellschaft in den Mittelpunkt, ergänzt harte Fakten (Patente, F&E-Ausgaben) um weiche Faktoren (Einstellungen, Wahrnehmungen, Kultur) und erlaubt differenzierte Analysen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene. Für Führungskräfte wird sichtbar, wo gesellschaftliche Innovationsbremsen liegen – und wie Strategien darauf ausgerichtet werden können.
6. Fazit für Führungskräfte
Deutschland hat solide industrielle Stärken – doch um die Zukunftsfähigkeit zu sichern, braucht es mehr als klassische Innovationsmetriken.
- Kurzfristig: Hemmnisse wie Bürokratie und Fachkräftemangel aktiv adressieren.
- Mittelfristig: Digitale Transformation und nachhaltige Geschäftsmodelle konsequent vorantreiben.
- Langfristig: Den H2I als Werkzeug nutzen, um Innovation nicht nur technisch, sondern kulturell und gesellschaftlich zu verstehen – ein Wettbewerbsvorteil im internationalen Vergleich.
Quellen & weiterführende Informationen
- Innovationsindikator 2023 (BDI/Fraunhofer): PDF
- Global Innovation Index – Einordnung Deutschland (DPMA, 27.09.2023): Pressemitteilung
- DIHK-Innovationsreport 2023: Zusammenfassung
- IW Köln – Innovationsatlas 2023: Studie