Bürgerhaushalt 2.0 – wie Kommunen Beteiligung neu denken

HEYDELBERGER Institut

Immer mehr Städte und Gemeinden entdecken den Bürgerhaushalt als Instrument, um Bürger*innen direkt in politische Entscheidungen einzubinden. Dabei geht es längst nicht mehr nur um den Finanzausgleich: Durch digitale Tools, partizipative Formate und transparentere Prozesse wird Demokratie zunehmend erlebbar. Dieses Konzept wird auch als „Bürgerhaushalt 2.0“ bezeichnet.


Was ist ein Bürgerhaushalt?

Ein Bürgerhaushalt ist ein Format, bei dem Bürger*innen aktiv Vorschläge machen oder über bestimmte kommunale Budgets abstimmen – eine Form direkter Demokratie auf lokaler Ebene. Traditionell geschieht das über Bürgerversammlungen; modern bedeutet: digitale Tools, Apps oder Online-Plattformen einzusetzen. (Wikipedia)


Warum ein Bürgerhaushalt 2.0?

Klassische Formate leiden häufig an geringer Reichweite und aufwändiger Auswertung. Digitale Ansätze eröffnen neue Potenziale:

  • Plattformen wie Consul oder Decidim ermöglichen Beteiligung orts- und zeitunabhängig.
  • Visualisierte Daten helfen bei der Priorisierung von Vorschlägen.
  • Hybrid-Modelle (online + offline) erhöhen Legitimität und Reichweite.
  • Städte wie Paris, Madrid und Köln berichten von hoher Beteiligung – in Köln wurden bspw. ca. 10.000 Beiträge auf einer Online-Plattform eingebracht. (Bertelsmann Stiftung, Stadt Köln)

Verbreitung und Entwicklung in Deutschland

  • Weltweit beteiligen sich tausende Kommunen an diesen Verfahren; in Deutschland waren es bisher etwa 300 Kommunen, die Bürger*innen informell in Haushaltsentscheidungen eingebunden haben. (bpb.de)
  • Laut Bundeszentrale für politische Bildung (2024) existieren heute über 250 Kommunen mit Bürgerhaushalten, nach nur rund 30 im Jahr 2007 – Tendenz steigend. (DIE WELT)
  • Dennoch bleibt die langfristige Umsetzung oft die Ausnahme und nicht alle Verfahren werden regelmäßig fortgeführt. (Bürgergesellschaft)

Chancen für Kommunalpolitik & Demokratie

  • Transparenz stärken: Bürger*innen erkennen, wie ihre Vorschläge behandelt werden.
  • Vertrauen aufbauen: Beteiligung fördert Akzeptanz politischer Entscheidungen.
  • Innovationslabore schaffen: Kommunen werden lebendige Experimentierräume für Demokratie.
  • Demokratie erlebbar machen: Politik wird greifbar, nicht abstrakt oder ferne Verwaltung.

Herausforderungen & Risiken

  • Digitale Spaltung: Nicht alle Bürger*innen sind online-affin.
  • Komplexität: Verwaltung muss Vorschläge fachlich prüfen und realistisch umsetzen können.
  • Vertrauensverlust: Beteiligung ist ineffektiv, wenn nichts umgesetzt wird.
  • Personelle Ressourcen: Solche Verfahren benötigen Zeit, Budget und Fachkompetenz. (mediaTUM, politis.it, SKEW [EN], Deutsche Nationalbibliothek, Bertelsmann Stiftung)

Fallbeispiele & Impulse

  • Großbreitenbach (Thüringen) nutzt einen recht kleinen Bürgerhaushalt seit 2009 – ein Beispiel für engagierte, kontinuierliche Beteiligung. (beteiligungskompass.org)
  • Städte mit digitalem Ansatz, wie Köln (Online-Plattform), zeigen hohe Beteiligung, aber auch neue Formen der Engagementsteuerung. (Bertelsmann Stiftung, Stadt Köln)

Handlungsempfehlungen für Kommunen

  1. Pilotprojekte mit überschaubarem Budget wagen.
  2. Transparente Kommunikation sicherstellen – Beteiligung muss Wirkung zeigen.
  3. Digital und analog verknüpfen – so sprecht ihr alle Bürger*innen an.
  4. Beteiligung ernst nehmen – keine Symbolpolitik.
  5. Regionale Vernetzung fördern – z. B. im Rhein‑Neckar‑Raum.

Fazit

Der Bürgerhaushalt 2.0 ist weit mehr als nur ein finanzielles Instrument. Er ist ein echter Demokratietreiber, der Transparenz, Vertrauen und direkte Mitgestaltung fördert. Besonders in Regionen wie Rhein-Neckar, Heidelberg oder dem Odenwald liegt ein hohes Potenzial, Bürgerbeteiligung neu und innovativ zu denken.

Das HEYDELBERGER Institut begleitet diese Entwicklungen wissenschaftlich fundiert und praxisorientiert. Sie möchten mitwirken oder mehr erfahren? Melden Sie sich bei uns – für Studien, Umfragen oder Kooperationen.


Quellen